Bewerbung und Vorstellungsgespräch
Theorie und Praxis bei Bewerbungen
- Zeiten der Arbeitslosigkeit gelten bei Arbeitgebern weiterhin als Makel, der im Lebenslauf von Arbeitnehmern zu verschleiern ist.
Arbeitslosigkeit wird weiterhin als Resultat mangelnder Fähigkeiten oder mangelnder Arbeitswilligkeit ausgelegt, obwohl hohe Arbeitslosenzahlen eher dafür sprechen, dass Arbeitslosigkeit als Bestandteil des Berufslebens zu akzeptieren ist, und obwohl sich Arbeitslosigkeit quer über die gesamte Gesellschaft verteilt, unabhängig von der Berufsbranche, dem Bildungsstand und den sozialen Verhältnissen der Personen.
- Bei der Stellenbesetzung kommt es manchmal zu Verzögerungen, die mit der angeblich unerwartet großen Anzahl von Bewerbungen begründet wird.
In diesem Fall ergeben sich folgende Fragen: Ist der Arbeitgeber realitätsfern oder schlecht vorbereitet oder verlogen gewesen und soll man unter diesen Umständen noch für ihn arbeiten wollen?
- Bewerbern wird weiterhin geraten, Eigeninitiative zu zeigen und sich durch Initiativbewerbungen um Arbeit zu bemühen, sei es durch telefonisches oder durch persönliches Vorsprechen.
Da der Kosten- und Zeitdruck in den Unternehmen in den vergangenen Jahren zugenommen hat, kommen den Unternehmen Unterbrechungen des Arbeitsablaufs durch nicht eingeplante Initiativbewerbungen ungelegen, sodass der Initiativbewerber Gefahr läuft, sich unbeliebt zu machen.
Es muss schon sehr viel Glück im Spiel sein, damit eine Initiativbewerbung genau zu dem Zeitpunkt bei einem Unternehmen stattfindet, wenn dort eine Stelle zu besetzen statt abzubauen ist und es sich dabei um eine Stelle handelt, bei der das Anforderungsprofil des Unternehmens mit dem Profil des Bewerbers einigermaßen deckungsgleich ist.
- Bewerber sollen beim Stellenanbieter ihr Interesse bekräftigen und sich zusätzlich zur Überlassung der Bewerbungsunterlagen mit dem Stellenanbieter in Verbindung setzen, was eine Unterbrechung der Arbeitsabläufe beim potenziellen Arbeitgeber zur Folge hat oder bewirken kann, dass der Personalverantwortliche sich hinsichtlich seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt sieht. Es ist auch möglich, dass man im Falle einer bereits getroffenen Personalentscheidung den Stellenanbieter ungewollt daran erinnert, sich um die Absagen für die eingegangenen Bewerbungen zu kümmern.
Es kann vorkommen, dass man, wenn man sich nach dem Stand des Bewerbungsverfahrens erkundigt, um Geduld bis zur Entscheidungsfindung gebeten wird und am folgenden Tag eine Absage per Post erhält - ohne den wahren Hintergrund zu erfahren.
- Die elektronische Bewerbung mittels Internet sei zeitgemäß und Erfolg versprechend, wird seit Jahren behauptet.
Manche Unternehmen scheinen es dem Bewerber zu überlassen, sich elektronisch oder traditionell schriftlich zu bewerben, vermitteln aber im Nachhinein den Eindruck, der traditionellen Variante den Vorzug gegeben zu haben.
Bei freier Wahl zwischen E-Mail-Bewerbung und Bewerbung auf dem Postweg ist die Bewerbungsart möglicherweise nur scheinbar egal. Eventuell will das Unternehmen mit dem Hinweis auf schriftliche Bewerbungen seinen traditionellen Charakter unterstreichen oder mit dem Hinweis auf E-Mail-Bewerbungen zeitgemäß erscheinen, aber gibt bei der Auswertung der Bewerbungen den Bewerbern mit der jeweils anderen Bewerbungsart den Vorzug. Denn manche Stellenanbieter scheuen Aufwand und Kosten für die Rücksendung der per Post eingegangenen Bewerbungsunterlagen, und manche Stellenanbieter scheuen Aufwand und Kosten für den Ausdruck von elektronischen Bewerbungsunterlagen. Der eine Stellenanbieter stuft E-Mail-Bewerber als fortschrittlich ein, der andere als bequem. Der eine Stellenanbieter stuft Postweg-Bewerber als altmodisch ein, der andere als engagiert.
Nur relativ wenige und hauptsächlich große Unternehmen haben bisher ein wirkungsvolles System zur elektronischen Bearbeitung von Bewerbungen ausgearbeitet.
Die vorgefertigten Online-Formulare mancher Unternehmen bieten teilweise ungenügend Möglichkeiten, die Fähigkeiten und Kenntnisse des Bewerbers ausreichend zur Geltung zu bringen.
Sofern es sich um elektronische Formulare handelt, hat jedes Unternehmen sein eigenes, individuelles Formular mit unterschiedlichen Möglichkeiten, um Zeugnisse und Zertifikate als Dateien zu übertragen, deren zulässiger Dateityp von Unternehmen zu Unternehmen variiert, sodass ein Bewerber recht zeitintensiv sein Profil angeben, Dateien aktualisieren und konvertieren sowie das notwendige Wissen und die notwendige Hard- und Software besitzen muss.
Zeiten der Arbeitslosigkeit sind bei Online-Formularen in der Regel nicht vorgesehen, sodass man den Lebenslauf beschönigen oder mit Lücken versehen muss.
- Arbeitslose sollen sich auf alle angebotenen Stellen bewerben, auch wenn es sich dabei um Tätigkeiten weit unterhalb der Qualifikation des Bewerbers handelt und die Chancen auf einen Arbeitsvertrag aus folgenden Gründen sehr gering sind:
- Arbeitgeber befürchten Probleme unter den Mitarbeitern, wenn sich ein Team oder eine Abteilung aus zu unterschiedlichen Personen zusammensetzt, wobei zur Einschätzung unter anderem das Bildungsniveau oder die Berufsqualifikation herangezogen wird.
- Arbeitgeber befürchten mangelnde Motivation und Leistungsbereitschaft im Job, wenn eine Person eine Tätigkeit unterhalb ihrer Qualifikation ausübt.
- Arbeitgeber, die die Gesetze sehr frei auslegen oder dagegen verstoßen, befürchten größere Schwierigkeiten als bei anderen Personen, wenn sie höher qualifizierte Personen einstellen.
- Arbeitgeber, die eine Stelle langfristig besetzen möchten, nehmen Bewerbungen von überqualifizierten Personen nicht ernst, da diese mit hoher Wahrscheinlichkeit bemüht sind, sich möglichst bald eine qualifiziertere Tätigkeit zu suchen.
- Arbeitgeber befürchten zu hohe Gehaltsvorstellungen des höher qualifizierten Bewerbers.
- Es kann vorkommen, dass die angebotene Stelle verhältnismäßig gut bezahlt ist im Vergleich zu der erlernten höher qualifizierten Arbeit des Bewerbers, was der Arbeitgeber jedoch nicht weiß, weshalb er nicht wahrhaben will, dass der Bewerber sich ernsthaft für die von ihm angebotene einfache Tätigkeit interessiert.
- Die Bereitschaft zur Mobilität, also zu einem Ortswechsel mit Umzug oder zu einem langen Arbeitsweg, wird gefordert und als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt. Doch diese Bereitschaft wird von manchem Arbeitgeber nicht ganz zu Unrecht mit Skepsis betrachtet, denn:
- Manchmal sind Ortskenntnisse zwar nicht zwingend erforderlich aber zumindest erwünscht.
- Die Absicht des Bewerbers, mit einem Umzug dauerhaft sein gewohntes Umfeld aufzugeben, wird bezweifelt. Stattdessen wird befürchtet, dass der Bewerber bei nächster Gelegenheit eine Stelle in der alten Umgebung sucht und annimmt und dass das Unternehmen Zeit und Ressourcen für eine neuerliche Stellenbesetzung aufwenden muss.
- Ein Bewerber mit kurzem Arbeitsweg erscheint am Arbeitsplatz ausgeruhter und damit leistungsfähiger als ein Bewerber mit langem Arbeitsweg.
- Bei einem Bewerber mit langem Arbeitsweg steigt das Risiko hinsichtlich von Verspätungen und Ausfällen durch unvorhersehbare Ereignisse gegenüber einem kürzeren Arbeitsweg insbesondere im Winter.
- Ein Bewerber mit langem Arbeitsweg hat höhere Kosten für die Fahrt aufzubringen und muss versuchen, dies mit seinem monatlichen Einkommen zu finanzieren. Wenn ein der Arbeitsstätte nahe wohnender Bewerber 10 km Arbeitsweg hat und ein entfernt wohnender 60 km, so beträgt die Differenz 50 km und ergibt für die tägliche Fahrstrecke 100 km.
Bei der Fahrt mit einem eigenen Kraftfahrzeug, durchschnittlich 22 Arbeitstagen im Monat, einem angenommenen Kraftstoffverbrauch von ca. 8 Litern je 100 km und einem geschätzten Kraftstoffpreis von 1,50 € pro Liter ergibt sich ein Betrag von
22 x 8 x 1,50 = 264 € im Monat zuzüglich der Kosten für erhöhten Verschleiß, also rund 290 €.
290 € höheres Nettoeinkommen gegenüber dem Mitbewerber bedeuten bei einem flexiblen Single der Steuerklasse 1 mit ca. 40% Abzügen vom Bruttoeinkommen ca. 483 € brutto zuzüglich der Beiträge zur Berufsgenossenschaft und ähnlicher Kosten, also mindestens 500 € höhere Lohn- oder Gehaltskosten für den Arbeitgeber.
Warum sollte ein Arbeitgeber 500 € (bei höheren Kraftstoffpreisen entsprechend mehr) monatlich zusätzlich ausgeben, da es sich bei 12 Monatsgehältern um 6.000 €, bei 13 Monatsgehältern um 6.500 € und bei 14 Monatsgehältern sogar um 7.000 € jährliche Mehrkosten handelt?
- Die Vorstellungskosten steigen mit zunehmenden Anforderungen an die Mobilität der Bewerber, denn möglicherweise fallen in Abhängigkeit von Ort und Termin nicht nur Fahrtkosten, sondern auch Übernachtungs- und Verpflegungskosten an.
- Wenn der Arbeitgeber bereits bei der Einladung eine Kostenerstattung ausschließt, muss ein Bewerber, der nicht von dritter Seite die Vorstellungskosten erstattet bekommt, in der Lage sein die Kosten selbst aufzubringen, um am Vorstellungsgespräch teilnehmen zu können.
- Ein Arbeitgeber, der zum Vorstellungsgespräch einlädt und dabei nicht darauf hinweist, dass er keine Vorstellungskosten des Bewerbers übernimmt, ist gemäß BGB verpflichtet, dem Bewerber die Vorstellungskosten auf Verlangen zu erstatten. Lehnt der Stellenanbieter dennoch eine Kostenerstattung ab, bleibt dem Bewerber nur der Weg zum Gericht und damit die Bereitschaft zu viel Schreibarbeit und Zeitaufwand.
- Wenn der Bewerber nicht von dritter Seite die Vorstellungskosten zeitnah erstattet bekommt - die Arbeitsagentur übernimmt die Kostenerstattung nicht vorübergehend - muss er finanziell in der Lage sein, die Kosten solange vorzustrecken bis über die Stellenbesetzung entschieden ist, da der Bewerber in der Regel erst nach einer Absage oder nach Vertragsabschluss die Kosten beim Stellenanbieter geltend machen kann, um seine Bewerbungschancen nicht von vornherein durch die Frage nach der Kostenerstattung zu vermindern. Im öffentlichen Dienst können Entscheidungen für Stellenbesetzungen mehrere Monate dauern.
Es gibt allerdings auch Stellenanbieter, die die Kosten gleich vor Ort im Anschluss an das Vorstellungsgespräch erstatten.
- Wenn der Bewerber bei der Arbeitsagentur die Kostenerstattung beantragen kann, muss er dies vor dem Vorstellungsgespräch tun, was hinsichtlich der Öffnungszeiten der Arbeitsagentur nur möglich ist, wenn der Termin vom Stellenanbieter nicht zu kurzfristig angesetzt wird. Der Bewerber erhält von der Arbeitsagentur einen Termin und dann bei Wahrnehmung des Termins ein Formular, das er zum Stellenanbieter mitnimmt. Der Stellenanbieter soll, wenn er die Kosten nicht übernimmt, dies mit dem Formular bestätigen und begründen, worauf der Stellenanbieter meist nicht vorbereitet ist. Wie positiv wirkt sich das wohl auf die Einstellungschancen des Bewerbers aus?
- Die Arbeitsagentur kann jährliche Bewerbungskosten bis zu einem bestimmten Gesamtbetrag53 erstatten, der für schriftliche Bewerbungen und Reisekosten insgesamt gilt. Im Falle von zahlreichen schriftlichen und bundesweiten Bewerbungen ist der maximale Erstattungsbetrag unter Umständen spätestens mit der zweiten Reise zu einem Vorstellungsgespräch ausgeschöpft. Danach kann ein Bewerber, der keine finanziellen Rücklagen hat, nur noch Bewerbungen für ortsnahe Jobs in nicht-schriftlicher Form vornehmen oder gegen seine Mitwirkungspflicht bei der Jobfindung verstoßen, indem er Einladungen zu entfernt gelegenen Vorstellungsgesprächen wegen Finanzierungsschwierigkeiten absagt.
Auf die Gewährung der begrenzten Leistungen durch die Arbeitsagentur besteht zudem kein Rechtsanspruch; sie werden nur gewährt, wenn die Arbeitsagentur noch Gelder zu vergeben hat.
- Weibliche Jobsuchende, die bis Mitte 30 noch keine Kinder haben, finden schwierig einen Job, weil Arbeitgeber vermuten, dass in absehbarer Zeit ein Kinderwunsch erfüllt werden könnte und die Arbeitskraft ausfällt. Ist ein Kleinkind vorhanden, wird befürchtet, dass die Arbeitskraft wegen Krankheiten des Kindes ausfällt.
- Männliche Jobsuchende, die in Kürze, also in wenigen Wochen oder Monaten, ihren Wehr- oder Zivildienst antreten müssen, benötigen nur vorübergehend einen Vollzeitjob, der selten zu finden ist. Für Zeitarbeitsfirmen ist eine solche kurzzeitige, einmalige Jobvermittlung wegen des Verwaltungsaufwands meist nicht interessant.
- Jobsuchende, die im Anschluss an Ihre Berufsausbildung wegen Schwangerschaft, Kinderbetreuung, Wehr- oder Zivildienst für einige Monate nicht arbeiten konnten, haben verringerte Chancen anschließend einen Job zu finden, weil sie ohne Berufserfahrung sind und weil sie „längere Zeit ’raus” und somit für manchen Arbeitgeber nicht mehr auf dem aktuellen Stand sind.
- Jobsuchende dürfen bestimmte Altersgrenzen nicht überschreiten, sei es, um im „jungen Team” arbeiten zu können, sei es um im öffentlichen Dienst möglichst gering nach BAT54 eingestuft werden zu können oder sei es aus anderen Gründen.
- Jobsuchende mit Fremdsprachenkenntnissen sind im Vorteil. Dass man Englisch besser als die eigene Muttersprache beherrscht, bedarf keiner besonderen Erwähnung. Wenn der Stellenanbieter zufällig einen Auslandsauftrag hat, sind spezielle Sprachkenntnisse wie Chinesisch, Russisch, Polnisch, Serbisch, Kroatisch, Bulgarisch oder Arabisch zusätzlich zu den Fachkenntnissen und der Berufserfahrung gefragt. Bei Jobs in der Entwicklungshilfe darf es zusätzlich zu den Fachkenntnissen auch mal Afrikaans, Suaheli oder Ähnliches mit nachweislicher Erfahrung in der Entwicklungshilfe sein.
Bewerbung
Es gibt viele Ratschläge, Hilfen und Tipps zum Thema Bewerbung, die sich teilweise widersprechen.
Oftmals äußern und vermarkten sich so genannte Fachleute dahin gehend, dass sie selbst bei Stellenbesetzungen mitgewirkt haben und die Sichtweise der Einstellenden kennen. Doch wie viele Fachleute können damit überzeugen, dass sie sich unter vergleichbaren Bedingungen wie man selbst erfolgreich beworben haben?
Letztendlich gibt es keine allgemein gültige geschweige denn genormte Art der richtigen Bewerbung und jede Bewerbung ist in gewisser Weise wie die Teilnahme an einer Lotterie - ein Glücksspiel.
Dabei sollte man nicht nur den Hauptgewinn im Fokus haben, sondern auch auf die Nieten gefasst sein, denn manchen Unternehmern und Unternehmen mangelt es an Unternehmenskultur. Sie treten kurz in ein Bewerberleben, treten darauf herum und verhalten sich wie ein hyperaktiver Elefant im Porzellanladen.
Als Bewerber sollte man sich über einige interessante und einige fragwürdige Punkte klar sein:
- Der Gesamtaufwand für manche Bewerbung inklusive
- Stellenangebot suchen und finden
- Recherchen zum Stellenangebot
- Bewerbungsanschreiben formulieren und Korrektur lesen
- Bewerbungsunterlagen kopieren und zusammenstellen
- Passbild oder Bewerbungsfoto
- Bewerbungsmappe, Versandtasche bzw. Umschlag und Briefmarke für traditionelle Bewerbung
- Bewerbung versenden
- Bewerbung und Reaktionen systematisch verwalten
sollte in Anbetracht der voraussichtlichen Erfolgsquote unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht näher betrachtet werden, da mitunter mehr als 2 Stunden Zeitaufwand veranschlagt werden müssen. Bewerbungen per E-Mail sind für den Bewerber hinsichtlich Zeit- und Kostenaufwand am wirtschaftlichsten.
- Je nach Berufsbild oder Tätigkeitsbereich variieren die Anforderungen an die Art der Bewerbung und das äußere Erscheinungsbild des Bewerbers.
- Jedes Unternehmen bzw. jeder Personalchef hat eigene Vorstellungen, die dem Bewerber nicht bekannt sind, sodass diesbezüglich jede Bewerbung ein Glücksspiel ist.
- In anderen Ländern – nicht in Deutschland - gibt es bei Bewerbungen Vorgaben für politisch korrekte Angaben zur Person, sodass Geburtsdatum, Geburtsort, Geschlecht, Familienstand und Kinderzahl nicht aufgeführt werden, um eine Auswahl nach Fähigkeiten und Kenntnissen treffen zu können.
- Für Bewerbungen in Europa wurde vom Europäischen Parlament eine Richtlinie für einen Europass55 beschlossen, der eine europaweit einheitliche Bewerbungsmappe ermöglichen soll. Der Europass beinhaltet einen vom Bewerber auszufüllenden Lebenslauf und Sprachenpass. Im Europass ebenfalls vorgesehen sind Zeugniserläuterung, Diplomzusatz und Mobilitätsnachweis, wobei diese Unterlagen von speziell dafür vorgesehenen Organisationen auszustellen sind. Weitere Informationen gibt es im Internet56.
- International üblich sind Bewerbungsunterlagen ohne ein Bild des Bewerbers, sodass die Entscheidung bei der Vorauswahl nach der Beschreibung und den Nachweisen in den Bewerbungsunterlagen getroffen wird.
- Typisch deutsch sind Bewerbungsunterlagen mit Passbild oder eingescanntem Bild des Bewerbers, sodass die Entscheidung bei der Vorauswahl mehr nach persönlicher Sympathie bzw. Antipathie statt nach Qualifikation getroffen werden kann.
- Bei Bewerbungen in Deutschland wird ein aktuelles Bild verlangt, auch wenn die Bearbeitung teilweise Monate dauert, hingegen ist unter Umständen die Internetpräsentation des Stellenanbieters seit Monaten nicht aktualisiert worden, sofern es überhaupt eine gibt.
- Zur E-Mail-Bewerbung auf die offerierte Stelle erhält man möglicherweise eine automatisch generierte E-Mail-Antwort, die besagt, dass die zuständige Person derzeit im Urlaub sei.
- Die zu besetzende Stelle muss offiziell ausgeschrieben werden, wurde zuvor aber hinter den Kulissen bereits besetzt.
- Die angebotene Stelle soll besetzt werden, aber die Finanzierung der Stelle ist noch nicht geklärt, sodass eventuell Ressourcen von Mitarbeitern und Bewerbern verschwendet werden, wenn nämlich die Stelle gar nicht besetzt wird.
- Die angebotene Stelle ist nicht wirklich zu besetzen, sondern soll der Konkurrenz oder den Auftraggebern des Anbieters eine bestimmte Firmensituation vorgaukeln.
- Jobangebote in Chiffre-Anzeigen sind durch die einseitige Anonymität zum Vorteil des Unternehmens und verhindern Rückfragen an das Unternehmen oder die Aufforderung zur Rücksendung der Bewerbungsunterlagen.
- Jobangebote, die Bewerbungen mit frankiertem Rückumschlag verlangen, werden in der Regel nicht von seriösen Arbeitgebern veröffentlicht und lassen finanzielle Schwierigkeiten des anbietenden Unternehmens oder einen generell fragwürdigen Umgang mit Arbeitnehmern vermuten.
- In etlichen Annoncen wird die Angabe einer Gehaltsvorstellung für die Bewerbung gefordert, obwohl die Arbeitskonditionen für den Bewerber nicht bekannt gegeben worden sind, sodass die Bewerbung um eine Glücksspielvariante bereichert wird.
Gehaltsvorstellung
Üblich ist, dass der Bewerber während des Vorstellungsgesprächs zu seiner Gehaltsvorstellung befragt wird, weil ihm dann die Konditionen des Jobs ausreichend bekannt sein sollten.
In den letzten Jahren hat der Anteil der Annoncen, die bereits bei der Bewerbung die Angabe einer Gehaltsvorstellung fordern, zugenommen. Wenn im Stellenangebot der Begriff „Honorar” statt „Gehalt” oder „Lohn” verwendet wird, ist von einer freiberuflichen Tätigkeit auszugehen, auch wenn die Offerte dies ansonsten nicht näher erwähnt.
Der Wettbewerb zwischen den zahlreichen Bewerbern zwingt jeden Bewerber zu einer möglichst niedrig angesetzten Zahl, um für den scharf kalkulierenden Stellenanbieter von Interesse zu sein.
Auf Grund des normalerweise geringen Aussagegehalts einer Stellenannonce ist keine ernsthafte Gehaltsangabe möglich, sodass man sich entscheiden muss, wie man mit der Forderung verfährt. Nachfolgend sind einige Möglichkeiten aufgeführt.
- Man ignoriert die Forderung und riskiert dadurch aussortiert zu werden.
- Man geht nur bedingt auf die Forderung ein, indem man schreibt, dass man mit dem spärlichen Wissen über den angebotenen Job noch keine Aussage treffen kann, und riskiert aussortiert zu werden, weil dem Stellenanbieter eine Zahl für eine Vorauswahl sehr wichtig ist.
- Man geht insoweit auf die Forderung ein, dass man eine Gehaltsvorstellung von einem Minimal- bis zu einem Maximal-Betrag in Abhängigkeit von den noch zu klärenden Anforderungen angibt und riskiert aussortiert zu werden, weil dem Stellenanbieter eine genauere Angabe für eine Vorauswahl sehr wichtig ist.
- Man geht auf die Forderung ein und scheidet bei der Vorauswahl aus, weil man auf die Forderung trotz der unklaren Arbeitsbedingungen eingegangen ist und somit vom Stellenanbieter nicht ernst genommen wird.
- Man geht auf die Forderung ein, liegt mit der angegebenen Gehaltsvorstellung zu weit unter der des Stellenanbieters, wird deshalb nicht ernst genommen und scheidet bei der Vorauswahl aus.
- Man geht auf die Forderung ein und scheidet bei der Vorauswahl aus, weil die angegebene Gehaltsvorstellung über der des Stellenanbieters liegt.
- Man geht auf die Forderung ein, liegt mit der angegebenen Gehaltsvorstellung im Rahmen oder unter der des Stellenanbieters, wird deshalb in die engere Wahl genommen und zum Vorstellungsgespräch eingeladen, stellt im Gespräch fest, dass die angegebene Gehaltsvorstellung für die nun zu erkennenden Anforderungen zu gering war, muss dem Stellenanbieter eröffnen, dass man unter diesen Umständen noch einmal ganz neu mit dem Thema Gehaltsvorstellung beginnen muss, und riskiert deswegen aus dem Bewerbungsverfahren auszuscheiden.
- Man geht auf die Forderung ein, liegt mit der angegebenen Gehaltsvorstellung im Rahmen oder unter der des Stellenanbieters, wird deshalb in die engere Wahl genommen und zum Vorstellungsgespräch eingeladen, stellt im Gespräch fest, dass die angegebene Gehaltsvorstellung für die nun zu erkennenden Anforderungen zu gering war, bringt das Thema jedoch nicht neu zur Sprache, erhält mit etwas Glück einen Vertrag und verrichtet seine Tätigkeit täglich voller Unzufriedenheit wegen der zu geringen Vergütung.
- Man geht auf die Forderung ein, liegt mit der angegebenen Gehaltsvorstellung im Rahmen oder unter der des Stellenanbieters, wird deshalb in die engere Wahl genommen und zum Vorstellungsgespräch eingeladen, stellt im Gespräch fest, dass die angegebene Gehaltsvorstellung für die nun zu erkennenden Anforderungen richtig geraten war und darf nun auf weiteres Glück hoffen, um einen Vertrag zu erhalten.
Dies verdeutlicht, dass Stellenangebote mit der Aufforderung zur Angabe einer Gehaltsvorstellung für einen Bewerber nur im Ausnahmefall zum Erfolg führen können und lässt die Frage unbeantwortet, ob Arbeitgeber, die eine solche Stellenofferte veröffentlichen, darauf vorbereitet sind und es akzeptieren können, wenn im Vorstellungsgespräch eine unter Umständen weitaus höhere Gehaltsvorstellung nachgeschoben wird als im Bewerbungsschreiben angegeben war, schließlich handelte es sich bei der Gehaltsvorstellung nicht um eine verbindliche Vereinbarung und man hatte lediglich versucht, sich so gut wie möglich zu verkaufen.
Bewerbungsresultate
Die Resultate von Bewerbungen sind vielgestaltig hinsichtlich Inhalt und Form.
Folgende Reaktionen sind üblich:
- keine Antwort
- Empfangsbestätigung
- Einladung zum Vorstellungsgespräch
- Absage
Je nachdem, welche Kommunikationsdaten der Bewerber übermittelt hatte, muss er mit Antworten in folgender Form rechnen:
- Brief
- E-Mail
- Fax
- Telefonat
Das Telefonat ist dabei die Variante mit dem höchsten Fehler-Risiko für den Bewerber, da er unerwartet und spontan kommunizieren muss, egal in welcher Situation er sich gerade befindet.
Absagen per Brief erfolgen mit der Rücksendung der Bewerbungsunterlagen, die grundsätzlich leichte bis starke Beschädigungen aufweisen, damit sie keinesfalls wieder verwendet werden können. Von einer Wiederverwendung wird zwar generell abgeraten, aber wenn das Geld beim Bewerber knapp ist und der Stellenanbieter seinen Wert noch nicht unter Beweis gestellt hat, liegt es nahe, eine wirtschaftliche Mehrfachverwendung geeigneter Unterlagen in Erwägung zu ziehen.
Vorstellungsgespräch
Für das Vorstellungsgespräch gibt es ebenfalls viele Ratschläge, Hilfen und Tipps, aber keinen allgemein gültigen oder gar genormten Rahmen.
Als Bewerber sollte man sich jedoch über folgende Punkte klar sein:
- Der Termin für das Vorstellungsgespräch kann vom Stellenanbieter kurzfristig oder langfristig im Voraus angeboten werden - für den nächsten Tag oder für zwei Monate danach.
- Der Termin für das Vorstellungsgespräch kann vom Stellenanbieter kurzfristig abgesagt werden, zum Beispiel weil die Stelle anderweitig besetzt wurde oder weil das Projekt nicht mehr bearbeitet werden soll oder nicht finanziert werden kann.
- Der Bewerber muss pünktlich erscheinen, der Stellenanbieter kann pünktlich erscheinen.
- Der Bewerber soll vorbereitet sein, der Stellenanbieter kann vorbereitet sein.
- Der Bewerber erscheint in der Regel allein und sieht sich je nach Gegebenheit einem oder mehreren beurteilenden Personen gegenüber.
- Der Bewerber erscheint allein, aber bleibt es nicht, weil er zeitgleich mit anderen Bewerbern eingeladen ist, da die Bewerber vor Ort konkurrieren sollen, bevor eine Entscheidung zur Stellenbesetzung getroffen wird.
- Bewerber sollen fachliche und auch soziale Kompetenz vorweisen können, hingegen sind Fragen nach den Sozialleistungen des Unternehmens und zur wirtschaftlichen Firmensituation unter Umständen unerwünscht.
- Zum einfallslosen Standard-Frage-Antwort-Spiel gehören die Fragen nach Stärken, Schwächen, beruflicher Zielsetzung, Grund für die Bewerbung beim Unternehmen und warum man sich für den geeignetsten Bewerber hält. Einige Unternehmen gehen überzeugender und zielgerichteter vor, indem sie vom Bewerber die Lösung zu einer fachbezogenen Aufgabe fordern.
- Die Frage an den Bewerber nach den eigenen Stärken ist eigentlich überflüssig, weil diese im Allgemeinen aus den Bewerbungsunterlagen hervorgehen.
- Die Frage an den Bewerber nach den eigenen Schwächen wird gestellt, obwohl sie Schwachsinn ist, weil keine ehrliche oder ernst zu nehmende Antwort erfolgen kann, da der Bewerber sich gut verkaufen muss und will. Oder wäre dies eine gewünschte Antwort: „Meine Schwäche ist, dass ich keine Schwäche habe, die ich als solche äußern könnte, z. B. weil ich von mir und meiner Arbeit überzeugt bin.”?
- Die Gegenfrage nach den Schwächen des Gegenübers oder des Arbeitgebers bzw. des Unternehmens bietet sich zwar als Reaktion auf die Frage nach den eigenen Schwächen an, ist aber in der Regel unerwünscht.
- Die Frage nach der beruflichen Zielsetzung – z. B.: „Wo sehen Sie sich in 5 Jahren?” - ist eigentlich nur gerechtfertigt, wenn es sich um ein Arbeitsverhältnis mit Perspektive handelt. Sonst wäre die Antwort schlicht und ergreifend: „Ziel ist es, einen Arbeitsvertrag zu haben.” Die Gegenfrage nach der Zielsetzung des Unternehmens trifft manches Gegenüber unvorbereitet.
- In vielen Berufsbereichen ist die Frage des Stellenanbieters, warum man sich ausgerechnet bei diesem Unternehmen beworben habe, völlig überflüssig, Die Rückfrage, ob man angesichts des Arbeitsmarktes eine Wahl habe, wo man sich bewirbt, wird meist nicht erwartet, ebenso wenig wie die Antwort, dass nicht das Unternehmen ausschlaggebend sei, sondern die bezahlte Arbeit an und für sich.
- Die Frage an den Bewerber, warum er sich als besonders geeignet für die angebotene Stelle sehe, erscheint nicht besonders sinnvoll, da eigentlich der Fragesteller die Frage beantworten muss, ob der Bewerber besonders geeignet ist. Kennt der Bewerber die Mitbewerber, um Vergleiche anstellen und Schlussfolgerungen ziehen zu können? Soll der Bewerber antworten: „Da ich die Mitbewerber und ihre Fähigkeiten nicht kenne, bin ich am geeignetsten, weil Sie mich besonders sympathisch finden, also weil ich den besten Einfluss auf eine so genannte Bauch-Entscheidung ausübe.”? Allerdings wird eine solche Antwort, die den rationalen Anteil an einer Entscheidung des Gegenübers klein redet, selten gern vernommen.
- Der Stellenanbieter fragt den arbeitslosen Bewerber nach der Höhe der Leistungen, die er von der Arbeitsagentur bezieht, um einschätzen zu können, wie niedrig er sein Vergütungsangebot ansetzen kann, welches der Bewerber anzunehmen gezwungen ist, wenn er keine Sperre der Leistungsbezüge riskieren möchte.
- Der Stellenanbieter fordert zur „Entscheidungsfindung” den Bewerber auf, für ein paar Stunden oder Tage - meist unentgeltlich - zur Probe zu arbeiten.
- Der Stellenanbieter lässt möglicherweise einige Zeit nach dem Vorstellungsgespräch verlauten, dass er sich umentschlossen habe und vorerst doch keine Stellenbesetzung vorzunehmen gedenke. Denn für Unternehmen gibt es keine gesetzliche Verpflichtung, angebotene Stellen tatsächlich zu besetzen; für ALG-Empfänger hingegen gibt es die Verpflichtung Geld und Zeit aufzuwenden, um sich auf alle in Frage kommenden Stellenangebote – auch für berufsfremde und nicht zu besetzende Stellen - zu bewerben.